Es war die sicherlich beste Leistung der BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen im bisherigen Saisonverlauf der BARMER 2. Basketball Bundesliga. Und diese endete darin, dass man Samstagabend in einem denkwürdigen Spiel den FC Bayern München Basketball II auch in dieser Höhe verdient mit 99:76 förmlich aus der Halle schoss. Die Rekordkulisse von 1122 vollkommen euphorisierten Zuschauern war eine weitere Bestleistung des Abends. Kleiner Nebenaspekt am Rande: Im Kampf um die begehrten Play Off Plätze rückten die Kangaroos mit dem vierten Sieg im fünften Rückrundenspiel auf Platz fünf in der Tabelle vor.
Beide Teams mussten in diesem mit viel Spannung erwarteten Süd-Derby auf Personal verzichten. Bei der BG stand Jakob Hanzalek zwar auf dem Spielberichtsbogen, lag aber die ganze Woche mit einer Grippe im Bett und konnte nicht eingesetzt werden. Bei Bernat Vanaclocha war der Einsatz bis direkt vor Spielbeginn offen, nachdem er am Donnerstag im Training umgenickt war. Das Ärzteteam der Hessing Kliniken leistete aber ganze Arbeit und so kam der Spanier, wenn auch etwas eingeschränkt, doch noch zum Einsatz. Die Bayern hingegen mussten mit Ivan Kharchenkov auf einen ihrer besten Doppellizenzspieler verzichten, hatten aus dieser Garde aber Martin Kalu und Dino Radoncic mit an Bord. Das Spiel benötigte keine lange Eingewöhnungsphase: Ein Monsterblock von Jermane Charter und zwei krachenden Dunkings von Kalu und Bernhard Benke brachten das Publikum bereits in der allerersten Spielminute auf Hochtouren. Die ersten zehn Minuten verliefen sehr ausgeglichen, kleinere Führungen der BG egalisierte der FC Bayern Basketball meist durch das Duo Kalu und Radoncic immer wieder. Zur ersten Viertelpause leuchtete eine 24:23 Führung für die Stadtberger von der Anzeige. Furios dann der Start in das zweite Viertel: Mit einem 15:0 Run zogen die Stadtberger auf 38:23 davon, übernahmen in dieser Phase die herausragende Quote von jenseits der Dreipunktelinie. Allein Basti März hatte da schon vier erfolgreiche Würfe von jenseits der 6,75 Meter Linie auf dem Konto des Statistikbogens. Die Bayern zeigten aber nun auch ihre Klasse und konterten mit einem eigenen 12:0 Lauf. Zu einer Wende im Spiel kam es aber nicht, zwei Mal Nicolas Lagerman mit unwiderstehlichem Zuge zum Korb, Jannik Westermeir per Dreier und Carter mit einem Alley-oop Dunk direkt aus dem Einwurf heraus sorgten dafür, dass die Leitershofer mit einem 47:39 Vorsprung in die Halbzeit gehen konnten. In welcher die Fans mit der Tanzgruppe Chill and Dance und einem Interview mit dem Vorstand des Namenssponsor der Hessing Stiftung, Roland Kottke, unterhalten wurden. Die Frage war nun: Können die Kangaroos diesen hohen Level auch in der zweiten Halbzeit halten?
Es sei vorweggenommen, sie konnten es. Mit voller Konzentration startete man in die zweite Spielhälfte, welche zunächst einen Abnutzungskampf auf beiden Seiten brachte. Die Münchner gaben sich längst nicht geschlagen, zwangen beim 47:52 aus ihrer Sicht BG-Coach Richter zu einer Auszeit. Diese nutzte der BG-Übungsleiter für weitere taktische Umstellungen. Das Team agierte fortan mit einem Wechsel aus Zonen- und Manndeckung, aber mit klarem Fokus auf die beiden Topspieler des FCB, Kalu und Radoncic. Und es zeigte Wirkung. Vor allem Radoncic zeigte Nerven, ließ sich von Jermaine Carter vier Mal (!) blocken, zwei Air-Balls von ihm brachten das Publikum endgültig zur Wallung und es endete letztendlich in einem T-Foul für den WM-Teilnehmer des letzten Sommers für Montenegro. Dazu schien der 25-jährige auch etwas müde zu werden, kaum verwunderlich, musste er am Dienstag und Donnerstag auch schon in der ersten Bayern Garnitur in der Euroleague gegen Baskonia Vitoria und Olympiakos Piräus ran und offensichtlich hatte er in Stadtbergen nicht mit einer derart frenetischen Kulisse gerechnet, die er in der PRO B bis dato wohl kaum erlebt haben dürfte. Die Kangaroos hingegen blieben agil und bauten den Vorsprung bis zur 30. Minute auf 73:59 aus, die Dreier fielen weiterhin aus fast jeder Position. Im Basketball nehmen Spiele bekanntermaßen oft eine schnelle Wende, das Spiel an diesem Samstagabend aber nicht. Vielmehr zogen die Stadtberger in den letzten zehn Minuten Punkt um Punkt davon und bei Bayern versuchte es eigentlich nur noch der eminent starke Martin Kalu, fast schon im Alleingang eine Wende herbeizuführen. Das gelang aber selbst ihm nicht, weil die BG auch im vergleich zu früheren Spielen keinen Millimeter nachließ und die Intensität bis zur wirklich allerletzten Sekunde hochhielt. Das Publikum feierte da schon auf Hochtouren sein Team und sicherlich wird noch jeder Zuschauer sich lange an diesen denkwürdigen Abend zurückerinnern.
Am kommenden Samstag reisen die Kangaroos dann nach Frankfurt, ehe in zwei Wochen dann das Farmteam des amtierenden Deutschen Meisters Ulm, die Orange Academy, in Stadtbergen zu Gast sein wird. Man kann davon ausgehen, dass viele der restlos zufriedenen Fans dann auch wieder zu Gast in der Sporthalle sein werden.
BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen: Kuprat, Würmseher (1), Lagerman (24/4 Dreier), Carter (26/4 Dreier), Duarte (10), Tumbasevic, Benke (2), Westermeir (11/2 Dreier), März (15/5 Dreier), Theiss, Vanaclocha (10), Hanzalek.
Beste Werfer FC Bayern: Kalu (24), Radoncic (22), Yiamu (8).
Stimmen zum Spiel:
BG-Headcoach Emanuel Richter: „Wir waren heute von der ersten bis zur letzten Minute fokussiert. Kompliment an meine Jungs, dass sie das in dieser Form durchgezogen haben, es war ein herausragender Abend heute mit diesem Spiel und dieser unglaublichen Kulisse. Wenn Nico und Basti so Dreier schießen wird es schwer gegen uns, auch Jermane war unglaublich, aber eigentlich will ich gar keinen herausheben, das Team hat gewonnen. So kann es weitergehen, in Frankfurt wartet aber nun ein sehr, sehr schweres Auswärtsspiel auf uns“.
BG-Co-Trainer Martin Jankov: „Wir hatten den Gegner unter der Woche sehr gut analysiert und dann hat irgendwie alles funktioniert, was wir uns vorgenommen haben, das kommt in dieser Form nicht oft vor. Mit 15 Dreiern und fast 80% Freiwürfen haben wir Top-Wurfquoten gehabt, dazu auch beim Rebound die Oberhand behalten. Und Radoncic haben wir dann irgendwann einfach aus dem Spiel genommen, das war dann die Entscheidung“.
BG-Guard Basti März: „Ich fühle mich aktuell sehr wohl von der Dreierlinie und dann fallen da gleich Mal die ersten drei Versuche rein, das gibt natürlich Selbstvertrauen. Es war auf jeden Fall heute unsere beste Saisonleistung. Vor über 1000 Zuschauer zu spielen ist natürlich gewaltig, danke an die Fans für diesen herausragenden Support.“
Kangaroos Geschäftsführer Andreas Moser: „Kompliment an die Mannschaft und das Trainerteam. Es war heute aber auch organisatorisch eine Menge Arbeit vor so vielen Zuschauern, daher gilt der Dank auch unseren ehrenamtlichen Helfern. Mit einem solchen Sieg im Rücken räumt man dann anschließend die Halle viel motivierter auf. Gerne dürfen alle Fans zu den nächsten Partien wieder kommen.“
BG-General Manager und Mentalcoach Wayne Chico Pittmann: „Ein unglaublicher Abend. Die Spieler sind körperlich und mental platt, die konnten sich fast gar nicht richtig feiern lassen angesichts dieser Leistung. Das Publikum hat unser Team mental getragen und den keinesfalls schlechten Gegner glaube ich schon eingeschränkt. Aber genauso wichtig ist, dass heute Nachmittag 25.000 Menschen auf dem Augsburger Rathausplatz für die Demokratie eingetreten sind. Das und das Match hier lassen mich heute Abend glücklich nach Hause gehen“.